Bound By Flame: Review – Dieser Dämon brennt zu wenig

Irgendwann kommt für jedes Entwicklerstudio das wachsen möchte der Moment, welcher aufzeigt, wie viel Potenzial tatsächlich vorhanden ist, um auch bei den großen Triple-A-Titeln mitzumischen. Das Studio Spiders hatte bereits im letzten Jahr mit dem Rollenspiel Mars War Logs einen ersten Vorstoß in größere Projekte gewagt, konnte damals aber nicht ansatzweise an vergleichbare Spiele herankommen. Mit Bound By Flame soll dies nun endlich gelingen und die Stellung des Studios festigen. Eines vorneweg: Beweisen muss Spiders nichts mehr, die können mittlerweile sehr ordentliche Spiele machen. Bound By Flame rutscht aber dennoch in die Rubrik; „Sehr ambitioniert, aber nicht immer gekonnt.“

Titel: Bound By Flame
Plattform: PC, PS4, PS3, Xbox 360
Entwickler: Spiders
Publisher: Focus Home Interactive
Genre: Rollenspiel
USK/PEGI:
Spieler: Offline / Online
Release: 09.05.2014

Um eines gleich klarzustellen, wer damals Mars War Logs gespielt hat und krampfhaft das Gamepad festhielt, wegen der vielen frustigen Gameplay- und Design-Entscheidungen, sowie der unausgegorenen Technik, der wird in Bound By Flame um ein vielfaches glücklicher werden. Das Rollenspiel wirkt sofort runder, polierter und man merkt trotz geringeren Budget im Vergleich zu anderen Genrevertretern, eine wesentlich bessere Spielerfahrung. Allerdings hätte ich gerne an dieser Stelle was anderes geschrieben wie, „Die Intensive Story packt sofort.“ Demnach klingt mein Review-Einstieg leider auch etwas halbgar. Runter gedrückt wird Bound By Flame nämlich stark von der sehr standardisierten Geschichte und einer Synchronisation direkt aus der Hölle. Immerhin fing das zuweilen sehr gute Gameplay und Crafting-System einiges an positiven Eindrücken wieder auf.

Boah! Bist du unsympathisch

Jetzt muss ich das ehrlich nochmals niederschreiben was in Bound By Flame passierte?! Oh! Bitte liebe Leser, habt Erbarmen und lasst es mich nur kurz anreißen. So banal wie die Story ist, macht das eh keinen Unterschied. Also, in Bound By Flame geht es um sieben Eisfürsten, die, klar was sonst, die Welt Vertil unterjochen wollen. Dazu rufen sie sogenannte Todwandler herbei. Unser Charakter bekommt erstmal nur eine untergeordnete Rolle, wir sollen lediglich Bodyguard spielen, in einer der letzten Bastionen, welche als Widerstand ein Portal besitzt, dass die Untoten bannen soll. Logischerweise geht bei dem Ritual gegen das Böse einiges schief und anstatt die Untoten restlos zu beseitigen, fährt in uns selbst ein Dämon, der von nun an durch unseren Helden spricht.

Grundsätzlich ist die Idee gar nicht schlecht, einen Charakter zu spielen, der ein finsteres alter Ego besitzt. Wenn die Figuren und vor allem unser Hauptprotagonist Vulcan nur nicht so belanglos und völlig unsympathisch wären. Es berührt einem nämlich so gar nicht, ob wir uns der bösen oder guten Seite hingeben. Zwar mündet es am Schluss in jeweils zwei unterschiedlichen Enden, doch weder Dialoge noch irgendwelche persönlichen Entscheidungen nehmen an Bedeutung zu. Hiebei wiegt das schon am schwersten, denn wenn ein dialogreiches Rollenspiel etwas richtig machen muss, dann ist es Storytelling und, ja richtig, gute Dialoge.

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Ein bisschen hiervon, eine Brise davon

Gott sei dank hat Bound By Flame aber mehr als nur eine holprige Geschichte zu bieten. Spielerisch macht das Rollenspiel nämlich einiges richtig und im Kern hat es sogar richtig Tiefe. Zunächst erstellen wir uns einen Charakter, wählen Geschlecht aus, verändern bisschen das Gesicht und geben uns einen Namen. Letzteres ist eigentlich irrelevant, da wir ohnehin Vulcan genannt werden. Die Charaktererstellung ist eher Zweckmäßig und es hätte genau so gut ein vorgegebener Held sein können, egal, ich spiele jetzt eine taffe Kriegerin in Game-of-Thrones-Style.

Unser Held wird klassisch aus der Third-Person-Perspektive gesteuert, ähnlich wie bei The Witcher. Zum Kampf-Reportoire gehört erstmal ein normaler schneller Schlag, und ein etwas langsamerer Angriff, der dafür aber aufgeladen werden kann und somit kräftiger ist. Vulcan nutzt außerdem zwei verschiedene Kampfstile mit jeweils unterschiedlichen Waffen. So greifen wir im Kriegerstil zu einem Zweihand-Schwert, damit sind wir behäbig und langsam, können dafür aber gut Blocken. Wer es hingegen offensiver mag, wechselt zum Waldläufer-Stil, dann sind wir wendig und teilen mehr Schaden aus. Als Waldläufer können wir darüber hinaus aktiv Ausweichen, jedoch immer nur nach hinten und nie zur Seite. Eine Möglichkeit für eine Rolle in alle vier Richtungen wäre definitiv etwas besser gewesen. Ohnehin sollte man nicht zu sehr in die Presche gehen, Bound By Flame ist nämlich überraschend knackig, selbst auf dem normalen Schwierigkeitsgrad ziehen euch Standardgegner nicht selten mehr als die Hälfte eurer Lebensleiste ab. Demnach setzt euch das Spiel nie mehr vor die Nase, als ihr bewältigen könnt. Zwar suggerieren die Trailer wildes Gemätzel per Button-Mashing, doch spielt sich das Abenteuer erfreulich taktisch und hat teilweise sogar Dark Soulige Einschläge.

Spätestens wenn unser Held die Necromancer-Fähigkeiten bekommt, was früh im Spiel passiert, sollte jeder Hieb eurer Waffe wohl überlegt sein. Der Dämon in uns verleiht nämlich Pyrokräfte und auf Tastendruck kämpfen wir dann mit Klingen die mit Flammen umhüllt sind und noch dazu schmeißen wir Feuerbälle. All das kostet natürlich Mana und so wollen diese Fähigkeiten auch sparsam eingesetzt werden. Zudem können wir im richtigen Moment auch Kontern und schleichend jemanden anzugreifen kann manchmal auch ganz hilfreich sein. Man merkt also das Spiders sich beim Kampfsystem Gedanken gemacht hat. Insbesondere da die Animationen sehr flüssig und hübsch anzusehen sind, auch wenn sie nie auf ein Level mit The Witcher oder ähnlichen Spielen kommen.

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Bastel um dein Leben

Ebenso ordentlich aber dafür auch sehr klassisch, ist das Skillsystem. Erfahrungspunkte könnt ihr in die drei Hauptkategorien Krieger, Waldläufer und Necromancer investieren, die jeweils untergeordnete Kampf-, Defensiv- und Zauberfähigkeiten freischalten. Dazu kommen noch passive Eigenschaften für mehr Leben, größere Tragelast etc. Die ebenfalls in mehreren Levels aufgewertet werden können. Ihr solltet euch allerdings gut überlegen in welche Richtung sich euer Held entwickeln soll. Denn selbst gegen Ende werdet ihr wohl nicht mehr als einen Skillbaum auf Maximum bringen. Verskillen kann man sich zwar nicht, doch wechselt ihr ständig bei der Aufwertung hin und her, erreicht ihr höchstwahrscheinlich kein maximales Level bei keiner Kategorie. Zusammen ergibt das ein bewährtes aber trotzdem motivierendes System, bei dem der Spieler nicht nur stumpf seinen Helden pusht.

Ganz ohne Innovation ist Bound By Flame dennoch nicht. Im Spiel gibt es nämlich ein recht umfangreiches Crafting-System. Klar, auch das boten schon diverse Rollenspiele, aber sowas ist immer noch selten genug und es bringt mehr Individualität während des Kampfes. Materialien für eure Waffen findet ihr in der gesamten Spielwelt, Kisten, Truhen, erledigte Gegner, so ziemlich überall bekommt ihr Krimskrams, selbst eine Fähigkeit kann erlernt werden, um noch effektiver Altmetall und Co. zu finden. Das Aufrüsten der jeweiligen Waffe, des Helms oder des Gürtels funktioniert anschließend ganz einfach. Je nach dem wie viel und welche Ressourcen ihr in eurem Inventar habt, könnt ihr beispielsweise Schutz, Knauf oder Klinge verbessern. Soll heißen, jede Ausrüstung hat etwa drei bis vier Einzelteile, die separat aufzuwerten sind. Allerdings auch hier wieder, überlegt euch gut was ihr wohin investiert und wie viel. Sämtliche Teile haben unterschiedliche Effekte und früher oder später kommen weitere Waffen hinzu, die auch reizvoll sind und ebenso Verbesserungen benötigen. Wer hier haushalten und sparen kann, ist später gegen mächtigere Gegner im Vorteil.

Ich hab keinen Bock zum Quatschen

In Sachen Technik kann ich es relativ kurz machen. So wie der Charakter im Spiel hin und her gerissen wird, so ist auch die Präsentation in Bound By Flame. Dabei macht die hauseigene Silk Engine gar keine schlechte Figur. Texturen sind weitgehend scharf, schöne Lichteffekte gibt es in Wäldern oder auf Bergen zu bestaunen und mit Partikeln in den Sequenzen sowie Kämpfen wird auch nicht gespart. Leider hackt es aber an der teilweise drögen Inszenierung, wobei der Anfang, die Bosse und der Schluss am meisten Schauwert besitzen. Weiter trüben auch die ziemlich hölzernen Gesichter, so dynamisch die Gefechte nämlich auch sein mögen, spätestens in den Dialogen seht ihr nur noch ansehnlich designte Puppen. Selbst ein Half Life 2, was nun auch schon fast 10 Jahre auf dem Buckel hat, schafft es mehr Emotionen zu liefern.

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Aber all das wäre mir noch egal, wenn nicht diese Synchronisation wäre. Keine Ahnung ob die deutschen Sprecher keinen Bock an dem Tag hatten oder einfach nicht wussten, in welchen Kontext sie ihren Text lesen sollten. Jedenfalls klingt nahezu alles wie stumpf abgelesen oder etwas wird extrem betont, so das es schon unfreiwillig komisch klingt. Ich denke sogar, dass die Sprecher nicht einmal das Problem sind, sondern vielmehr die fehlende Einweisung. In Zeiten wo Mass Effect oder The Witcher richtig abliefern, geht das natürlich absolut nicht mehr. Besteht für euch also die Möglichkeit, spielt den Titel unbedingt auf Englisch, schade nur das es in der PC-Version keine optionale Auswahl gibt, lediglich vor der Installation könnt ihr euch für eine Sprache entscheiden.

Bei der musikalischen Begleitung wird es zwar deutlich besser, doch wird schmerzlich mehr Abwechslung vermisst. Lediglich eine handvoll epochaler Fantasy-Tracks wurden integriert, die spätestens dann nervig werden, wenn man sich länger in einem Abschnitt aufhält und die Stücke sich fortwährend wiederholen. Sowas muss eigentlich nicht mehr sein und geht deutlich besser.

Offizielle Bildergalerie (Quelle: Website)

Fazit:
Das verrückte an Bound By Flame ist, ich mag das Spiel eigentlich und würde es gerne noch mehr mögen. Sein motivierendes Skill- und Levelsystem funktioniert nämlich richtig gut. Außerdem gefällt mir das Craften, da es die nötige Tiefe mitbringt. Ebenso überzeugt hat mich das fordernde Kampfsystem, welches überraschend taktisch angelegt ist. Zusammen ergibt das schöne Gameplay-Elemente, die jedoch stark getrübt werden. Schließlich müssen Rollenspiele essenzielle Dinge wie Quests, Story oder Dialoge einfach ordentlich umsetzen, tun sie das nicht, benötigen sie wenigstens ein Alleinstellungsmerkmal, Bound By Flame hat jedoch beides nicht. Spideers Werk bleibt somit nur oberes Mittelmaß. Wo die Ambitionen zu gut sind um sie zu verteufeln, aber die Umsetzung ist leider nicht ausreichend, um schon bei den Großen mitzumischen. Letzten endes bleibt ein nettes Rollenspiel übrig, dass man zwar nicht haben muss, aber mit einem kommenden Budget-Preis können sich Fans den Titel trotzdem mal anschauen.

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