Superhot: Review – Zerbrechliche Innovation

SUPERHOT! SUPERHOT! SUPERHOT! Diesen Loop bekommen nur diejenigen zu hören, welche die Levels im namensgebenden Superhot fehlerfrei meistern. Denn eines steht fest, der unkonventionelle Shooter hat zwar eine kleine Herkunft, doch spielt sich teilweise Bockschwer, ist stilsicher und ein bisschen verrückt. Was aber genau hinter Superhot steckt, erfahrt ihr jetzt im Test.

Titel: Superhot
Plattform: PC, One
Entwickler: SUPERHOT Team
Publisher
Genre: First-Person-Shooter
USK/PEGI
Spieler: Offline: – / Online: –
Release: 25.02.2016
Offizielle Seite

Was als Experiment im Rahmen der sogenannten 7 Day First Person Shooter Game Challenge begann, entwickelte sich letztlich zu etwas viel größeren. Dabei wollte Superhot-Team lediglich ein Konzept schaffen, welches den First-Person-Shooter neu definiert. Inspirieren ließ sich das Studio dabei von „Matrix.“ Wie auch im Hollywood-Blockbuster soll der Protagonist sich nicht hinter einer Deckung verstecken, sondern er weicht den Kugeln in Zeitlupe gekonnt aus und zwar so, dass selbst Neo neidisch werden könnte. Gesagt, getan: Auf Kickstarter wollten die Entwickler gerade mal 100,000 US-Dollar, die dann bereits nach einem Tag erreicht wurden. Diverse Stretchgoals dazwischen und eine kostenlose Web-Demo später, überschritt Superhot sogar noch sein Ziel und schaffte es auf ganze 250,000 US-Dollar. Ein Achtungserfolg, wenn man bedenkt das Superhot-Team lediglich mit dem Konzept ansich werben konnte und weniger mit grafischer Raffinesse oder ausgeklügelten Features.

Folge dem Weißen Hasen…

…ganz klar, wieder ein Verweis auf „Matrix“, oder „Alice im Wunderland?“ naja jedenfalls sollen wir brav das tun, was uns gesagt wird. Auch wenn ich nicht viel von der Story in Superhot erwartet habe, ganz zu Schweigen davon das überhaupt narrative Elemente integriert wurden, war ich dann doch überrascht wie smart die Entwickler hier eine Erzählung eingebunden haben. Doch worum geht es überhaupt? Ehrlich gesagt, schwer zu erklären ohne gleich zu spoilern. Wir sind ein namenloser Held…oder spielen wir uns selbst? Hm! Jedenfalls bekommen wir eine Chat-Anfrage, wir absolvieren widerwillig ein Training (ist es wirklich nur Training?), mit der Zeit werden wir besser, es gefällt uns und dann…

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Viel mehr will ich gar nicht zur Story von Superhot erzählen. Sie überrascht, durchbricht zwischendurch die vierte Wand und lässt uns zurück mit einem „Was ist gerade passiert?“-Gefühl. Themen wie Hacking sind ohnehin wieder in Mode wie uns beispielsweise „Pony Island“ sehr schön zeigt und genau in diese Kerbe schlägt auch Superhot. Das man hier auf krass inszenierte Zwischensequenzen verzichten muss dürfte dann aber auch keinen stören, insbesondere weil die Chat-Dialoge eine immersive Wirkung besitzen. Schließlich schreibt der Unbekannte direkt mit uns…Die Wahrheit ist irgendwo da draußen.

Mehr Puzzle statt Shooter

Also eines muss man gleich vorwegnehmen wenn man über das Gameplay von Superhot spricht. Das Spiel ist absolut kein Actionkracher und Ungeduldige haben von Haus aus schlechte Karten. Zwar ist die Steuerung mit WASD und Maus altbekannt, doch das Zeit-Feature zwingt eure Herangehensweise komplett zu ändern. Was am Anfang noch rudimentär und einfach wirkt, wenn ihr beispielsweise einen Gegner mit der Faust niederschlägt und ihm entwaffnet, wird später zu einem richtigen Brainstorm. Sowieso ist eine gehörige Portion Frustresistenz und Timing gefragt. Superhot besitzt viel Trial & Error, denn besonders spätere Levels werden sehr uneinsichtig und können gar nicht mit dem ersten Versuch bewältigt werden. Dann kommen auch mal Gegner von vorne und hinten gleichzeitig oder ein LKW fährt in einer engen Gasse direkt auf euch zu. Und was ist, wenn etwa acht Gegner in einem Raum auf euch warten, ihr aber keine Waffe habt? Richtig! Schlagen und Entwaffnen, wenn euer Schießeisen leer ist, wieder Schlagen und Entwaffnen. Mit mehreren Gegnern, in einer verwinkelten Umgebung, ist das eine wahre Herausforderung, da wird scharfes Multitasking gefordert. Auch wenn die Zeit stillsteht, früher oder später muss man sich schließlich bewegen und am besten Babyschritt für Babyschritt.

Nicht umsonst bauten die Entwickler zusätzlich einen Godmode ein. Wer also partout ein Level nicht schafft, der kann einfach die G-Taste nach mehreren gescheiterten Versuchen betätigen und schon seit ihr für den jeweiligen Level unbesiegbar. Ganz die feine Art ist das natürlich nicht und man bringt sich logischerweise um den Spaß den Superhot zweifellos besitzt. Doch wer wirklich alle 30 Levels gesehen haben will inklusive kuriosen Ende, der hat mit dem Gott-Modus immerhin eine gute Alternative…Nicht das ich das jemals genutzt hätte „hust.“

Die Story zu beenden ist allein schon deswegen motivierend, weil nachdem durchspielen 9 Endless Arenas, 12 Challenge Modes und weitere Modi sowie kleinere Extras freigeschaltet werden. Zwar dauert der Story-Mode nicht länger als 3 bis 4 Stunden, doch auch danach bietet Superhot noch reichlich Inhalt um immer wieder mal einige Herausforderungen zu versuchen.

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Einen Stolperstein besitzt Superhot in seinem innovativen Gameplay dann aber trotzdem. Die Präzision der Kollisionsabfrage machte es immer wieder mal schwierig zu erahnen wann ein Gegner in Reichweite ist bzw. wann ich daneben schlage oder schieße. Zwar gibt es ein Fadenkreuz und die Nahkampfangriffe werden auch symbolisch dargestellt, nichtsdestotrotz starb ich das eine und andere mal nur weil ich nicht abschätzen konnte, ob jetzt Gegner 1 oder Gegner 2 getroffen wurde. Ebenfalls machte sich das Kollisionsproblem beim Waffen und Gegenständen aufsammeln bemerkbar. So reagierte der Kontext zum Aufsammeln nicht immer akkurat genug, besonders wenn eine Waffe am Boden lag, musste ich des öfteren ein Stückchen vor oder zurückgehen, damit das Symbol zum Aufsammeln eingeblendet wurde. Sicher kein weltbewegender Spaßbremser, aber dennoch frustig.

Glas ist schön, aber zerspringt

Wer bereits die Web-Demo von Superhot spielte, weiss was er in Sachen Optik zu erwarten hat. Die vielseitige Unity Engine präsentiert den Indie-Titel sehr kühl aber stilsicher. Jede Umgebung im Spiel wurde vollkommen weiß ausmodelliert und besitzt auch keinerlei Texturen. Rudimentär fallen auch die Gegner aus. Diese sind lediglich schemenhafte Glasfiguren, die ziemlich eindrucksvoll zerbersten wenn sie getroffen werden. Grafisch wirkt Superhot fast schon wie ein kleines Kunstprojekt mit seiner minimalistischen Darstellung. Fast schon schade das es im Spiel nicht noch mehr Umgebungen gibt mit eventuell anderen Farben. Ohnehin muss sich das Level-Design mehr dem Gameplay fügen, schließlich müssen die Kugeln gut sichtbar und nachvollziehbar sein, wenn sie auf euch zukommen.

Fazit:
Ich hatte wirklich kurzweiligen Spaß mit Superhot. Das Shooter-Gameplay mit dem Zeit-Aspekt wirkt frisch und unverbraucht. Zudem ist es der perfekte Titel für Spieler, die sich gerne selbst herausfordern um immer besser zu werden. Ebenfalls überraschte mich die kurze aber Brainfuck-artige Story. Allerdings wirkt Superhot bzw. dessen Innovation fast schon etwas verheitzt. Abgesehen von der Geschichte bleiben lediglich Arena-Kämpfe und verschiedene Herausforderungen übrig. Sicherlich eine nette Beschäftigung zusätzlich, doch auf Dauer bleibt die Spiel-Mechanik allein nicht motivierend genug. Vor allem weil Level-Design und Optik mit Abwechslung auch nicht punkten können. Superhot ist quasi eine coole Blaupause für eine Fortsetzung oder andere Spiele. Was jedoch nicht heißt, dass der Titel allein keine Daseinsberechtigung hätte. Im Gegenteil, Superhot zeigt wunderbar wie altbekannte Genre mit frischen Konzepten noch besser werden können. Ein bisschen mehr Substanz hier, ein bisschen mehr Abwechslung dort und eine eventuelle Fortsetzung wäre der absolute Wahnsinn. Solange können wir ja noch üben und einige rote Scherben aufkehren.

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